Vom Eiffelturm bis Übersee Spielstätten der Olympischen Spiele 2024

95 Prozent der Spielstätten im Bestand

Paris hat sich dahingehend große Ziele gesetzt. Die allermeisten Wettkämpfe der nächsten Wochen werden in Bestandbauten oder temporär errichteten Strukturen, teils vor der Kulisse wohlbekannter Sehenswürdigkeiten ausgetragen. Nur wenige Sportstätten – und diese werden weit über die Stadtgrenzen hinausreichen – wurden explizit neu gebaut. Und selbst die Neubauten verpflichten sich der Sparsamkeit, sollen in ihren Dimensionen anpassbar und auf eine langfristige Nachnutzung ausgerichtet sein. Ob die Rechnung aufgeht, zeigt sich freilich frühestens in ein paar Jahren.

Das wohl größte Sportevent, das Frankreich je beherbergt hat, spickt das IOC mit bemerkenswerten Zahlen: Knapp 11.000 Athlet*innen treffen an 329 Sportereignissen an 35 Spielstätten vor rund 10 Millionen Zuschauer*innen aufeinander. Dabei reichen die Orte vom Stadtkern über die Region Île-de-France und Stadien im ganzen Land bis hin nach Tahiti, wo im Überseegebiet Frankreichs die Surfwettbewerbe stattfinden. Dazu gibt es Segeln in Marseille, Basketball-Qualifikation oder Handball-Finalspiele in Lille oder Fußball in Bordeaux, Nantes, Lyon, Saint-Etienne oder Nizza.

Olympisches Sightseeing

Die Liste der Spielstätten in Paris liest sich wie die To-Do-Liste für einen Städtetrip: Eine temporäre Arena am Eiffelturm lässt beim Beachvolleyball mitfiebern, am Schauplatz der Weltausstellungen Champ de Mars werden Judo und Ringen ausgetragen, auf der Grünfläche vor dem Invalidendom, der Esplanade des Invalides, findet das Bogenschießen und der Zieleinlauf des Marathons statt, der übrigens vor dem Hôtel de Ville startet.

Im Grand Palais wird neben der famosen Architektur von 1900 auch Taekwondo und Fechten zu bestaunen sein, der Place de la Concorde verwandelt sich in eine Arenen-Landschaft für BMX-, Skateboard-, 3x3-Basketball-Wettkämpfe sowie dem frisch olympisch gekrönten Breakdance. Die Jugendstilikone Pont Alexandre III wird zur Kulisse für Schwimmwettkämpfe, Triathlon oder Radsport und in den Gärten von Versailles gastiert der Reitsport. Auch die Bercy Arena von 1984 wird für Rhythmische Sportgymnastik, Basketball oder Trampolinspringen umgenutzt, während die Stadien Parc des Princes, Stade de France oder Roland-Garros zu ihren üblichen Sportarten einladen.

Wenige Neubauten mit langfristigem Nutzungskonzept

Bereits 2017 eröffnete – unabhängig von den Olympischen Spielen – die Paris La Défense Arena nach Plänen von Christian de Portzamparc (Paris). Der Multifunktionsbau wurde nun für Schwimmwettkämpfe umgerüstet. Diese finden auch in einem der wenigen Neubauten statt, die speziell für das Sportgroßereignis errichtet wurden, dem Centre Aquatique Olympique in Saint-Denis von VenhoevenCS (Amsterdam) und Ateliers 2/3/4/ (Paris) mit tragwerksplanerischer Unterstützung von schlaich bergermann partner sbp (Stuttgart).

Neben einer neuen Kletterhalle in Le Bourget ist außerdem die Porte de la Chapelle Arena der Büros SCAU und NP2F (beide Paris) neu im Repertoire. Während darin in den kommenden Wochen unter anderem Badminton gespielt wird, ist die Halle langfristig dem Pariser Basketballsport gewidmet. Und nicht zuletzt gerät nun auch das 2021 eröffnete Stade nautique olympique de Vaires-Torcy in Vaires-sur-Marne in den Blick. Das Büro Auer Weber (München, Stuttgart) durfte das Gelände bereits vor wenigen Jahren für die Ausrichtung der Ruder- und Kanuwettbewerbe umgestalten.

Der Holzbau steht im Fokus des wohl größten Neubauprojekts, der durch die Spiele angestoßen wurde. Das Olympische Dorf in den Stadtgebieten von Saint-Denis, Saint-Ouen-sur-Seine und L’Île-Saint-Denis im Norden von Paris soll einmal rund 2.500 Miet- oder Eigentumswohnungen, ein Studierendenwohnheim, Büro-, Gewerbe- und Grünflächen auf 52 Hektar umfassen. Das Projekt entstand auf Basis eines Masterplans von Dominique Perrault und agence ter (beide Paris). Das eine oder andere Beispiel aus den kleinparzellierten Wohnblöcken, die an Schiffsanleger angelehnt sind, haben wir bereits vorgestellt.

Neben der vielpropagierten „Nachhaltigkeit“ sind weitere Ziele auch die Erschließung und der Einbezug der größeren Metropolregion. Wie diverse Medien bereits berichteten, geht das jedoch mit Gentrifizierung einher, mit sozialer Ausgrenzung und größeren Entbehrungen der bestehenden Stadtbevölkerung. Wenn in zehn Tagen die Welt auf die reduzierte Form einer pompösen Eröffnungsfeier in Form einer Bootsparade auf der frisch filtrierten Seine blickt, dürfte all das für kurze Zeit in Vergessenheit geraten.

Tags: