Teleskopräume - Filmvorstellung und Ausstellung in Wismar
Termin: Samstag, 16. August 2025, 18 Uhr
Ausstellung: bis 2. November 2025
Ort: phanTechnikum, Zum Festplatz 3, 23966 Wismar
Der Eintritt erfolgt auf Spendenbasis. Um Vorabmeldung wird gebeten an buchen@phantechnikum.de.
Ein mobiler Raum zum Ausfahren, transportabel, flexibel konfigurierbar und vielfältig einsetzbar – in den Werkstätten von Helmuth Both im mecklenburgischen Boizenburg, ein Betrieb für Land- und Forstmaschinenbau, wurde diese Vision in den 1960er Jahren Realität. Über 3.000 sogenannte Raumerweiterungshallen (REH) sind bis 1989 in der ehemaligen DDR produziert worden. Der Dokumentarfilm Lost Silverfish of Berlin (2024) geht dieser Erfindung auf den Grund. Am Samstag, 16. August 2025, wird er im Ausstellungshaus phanTechnikum in Wismar gezeigt.
In Gesprächen mit Planer*innen, Historiker*innen und Zeitzeug*innen will der Film die Geschichte und das Konzept der REH als mögliche Lösung für drängenden Raumbedarf aufarbeiten. Bei seiner Recherche zur Berliner Wohnungskrise wurde der britische Regisseur und Filmemacher Rory Ryder auf die Geschichte des DDR-Mobilbaus aufmerksam. Im Jahr 1959 hatte Helmuth Both die Raumerweiterungshalle erstmals vorgestellt. Sein Sohn Klaus Both entwickelte die Form weiter. 1966 erlebte sie unter dem Namen Variant einen Durchbruch. In der Folge wurde die ausfahrbare Halle seriell hergestellt und vereinzeilt auch außereuropäisch exportiert.
Der Segmentbau fand eine vielseitige Nutzung – etwa im Einzelhandel und Gewerbe, als mobile Infrastruktur auf Baustellen, als temporäre Unterkunft oder Aufenthaltsraum. Von vorne betrachtet, erinnert die schräg abgerundete Silhouette an einen Wohnwagen. In der Seitenansicht erschließen sich bis zu acht geschachtelte Segmente, die manuell wie ein Teleskop auf eine Gesamtlänge von bis zu 16 Metern ausgefahren werden konnten. Ein klassisches Fundament hatten die Hallen nicht und waren so leicht mittels LKW zu bewegen. Die Hülle des Baus war aus Aluminium oder Stahlblech und erzeugte die Assoziation eines Silberfisches. Sein Inneres bot bis zu 128 Quadratmeter Nutzfläche.
Nach der Wende stellte man die unrentable Produktion der REH schließlich ein. Der Bestand wurde zum Großteil verschrottet. Einige der wenigen erhaltenen Exemplare sind heute wieder im Einsatz: In Stralsund etwa, wird eine REH von einem Hostel genutzt, auf Rügen dient sie als Gaststätte eines Campingplatzes. In Berlin organisiert ein Verein am Ostkreuz in dem mobilen Raum Veranstaltungen.
Seit März zeigt das Technische Landesmuseum Mecklenburg-Vorpommern in Kooperation mit dem Archiv der Hochschule Wismar unter dem Titel „Mobile Architektur, Temporärer Raum, Fliegender Bau“ eine Sonderausstellung zur REH. Der Filmabend am Samstag ist Teil des Programms. Können Raumerweiterungshallen ein Lösungsansatz für temporäre Unterkünfte und öffentliche Stätten sein? Im Anschluss an den 60-minütigen Film wollen Regisseur Rory Ryder und Matthias Ludwig von der Hochschule Wismar darüber diskutieren.